Eiskalte Architektur
WAR ES AUCH IMMER SCHON EINMAL IHR TRAUM, 200 KILOMETER NÖRDLICH DES POLARKREISES IN EINEM HOTEL GANZ AUS EIS ZU ÜBERNACHTEN? SCHLAFZIMMERTEMPERATUR -5 °C. DANN IST DAS „ICEHOTEL“ IM SCHWEDISCHEN JUKKASJÄRVI DIE RICHTIGE ADRESSE.
(Text: Kitty Rüter | Bildmaterial: icehotel.com)
Jedes Jahr werden 1000 Tonnen Eis aus dem Fluss Torne älv benötigt, um in der Nähe von Kiruna die Icehotel-Attraktion mit jährlich wechselnden Designschwerpunkten zu gestalten. Seit 26 Jahren kann man dieses eiskalte Architekturmärchen bestaunen– und inzwischen ist nicht nur das Eishotel gewachsen. Mittlerweile hat sich dort eine kleine Stadt aus Eis etabliert, mit imposanter Empfangshalle, einer „Icebar“ und sogar einer eisigen Kirche, in der sich Brautpaare das Jawort geben. Für die künstlerisch gestalteten Räume und Skulpturen reisen jährlich Eiskünstler aus aller Welt an und kreieren erneut ein einzigartiges Eisdesign-Hotel. Keine Angst: Nicht jeder Raum in diesem eiskalten Hotel liegt unter der Null-Grad-Grenze: Restaurant, Rezeption, Saunatrakt und der Shop sind wohlig warm und wurden aus Holz und Glas gebaut, wie auch die zum Hotel gehörenden Hütten. Zwar kann im Winter die Außentemperatur bis zu -40 °C betragen, aber sobald die ersten Sonnenstrahlen den kurzen Sommer ankündigen, fängt auch das Eis an zu schmelzen, und der Zauber des Icehotels beginnt zu verschwinden. Die Kreationen werden wieder zu Wasser und kehren zurück in den Fluss Torne. „Das muss nicht so bleiben“, dachten die Macher vom Icehotel und planten zusätzlich das Icehotel 365 – ein Ganzjahresprojekt. Icehotel-Feeling auch im Sommer.
“Die Mitternachtssonne gibt uns die Möglichkeit, auch nachts Strom zu produzieren”.
Seit Dezember 2016 stehen sich die zwei Hotelversionen – alt und neu – gegenüber. Aber nur eines überdauert die wärmeren Monate. Dafür sorgt ein nachhaltiges Konzept: Eine Solaranlage auf dem isolierenden Gras- und Erddach hält die 2100 Quadratmeter große Kühltruhe mit ihren 20 individuell gestalteten Suiten schön frostig. „Die Mitternachtssonne gibt uns die Möglichkeit, auch nachts Strom zu produzieren“, sagt Jon Malmsten vom Energieunternehmen Solkompaniet. „Es könnte nicht einfacher sein“, betont Architekt Hans Eek. „Wir machen nichts anderes als beim energieeffizienten Bauen, wenn wir versuchen, die Kälte aus den Häusern herauszuhalten – nur diesmal eben umgekehrt.“ Nun können die Gäste entscheiden, ob sie Nordlichter und Hundeschlittenfahrten erleben oder lieber unter der Mitternachtssonne wandern wollen. Rund 700 Euro kostet eine Übernachtung pro Zimmer, für die Suite muss man noch etwas mehr drauflegen, sie liegt bei circa 1000 Euro. Dafür bekommt man ein „das Leben bereicherndes Erlebnis“, schreibt der Veranstalter.
Mehr Kunst als je zuvor im weltweit ertsen ganzjährigen Icehotel 365
Das neue Icehotel 365 mit seinen 20 Suiten wurde von über 40 Künstlern und Architekten aus neun verschiedenen Ländern designt. Alex Haw and Aditya Bhatt vom Londoner Kunst-, Design- und Architektur-Studio „Atmos“ beispielsweise haben für eins der Appartements eine außergewöhnliche Eistreppe bis hinauf zur frostigen Schlafstatt entworfen. Alle Kunstwerke, Möbel und Dekorationen werden aus schweren Eisblöcken geschnitzt, die im März, wenn das Eis des Torne älv am dicksten ist, „geerntet“ werden. Die 2500 Blöcke lagern anschließend – bis zur Ankunft der Künstler im November – in einer Kühlhalle. Dann geht es los, mit CNC-Fräsen, Ketten- und Stichsägen sowie Wasser, um eine neue, eisige Traumwelt zu erschaffen. Um die außergewöhnliche
Inneneinrichtung gestalten zu können, muss die Temperatur im Raum exakt die richtige sein, damit sich die Mixtur aus Schnee und Wasser, mit der man modelliert, verbindet und die Form hält. Es gibt ein „Victorian Apartement“, „Dancers in the Dark“ und „Don‘t get lost“. Neun De-luxe-Suiten verfügen außerdem über ein eigenes Badezimmer, eine eigene Sauna und einen warmen Umkleidebereich. Dies gibt den Gästen die Möglichkeit, das Abenteuer Eis mit dem Luxus eines warmen Bades zu kombinieren.